Am Schluss bleibt auch Demut
Interview mit Heinz Beumer
Von Stephan Oerter , MZ am 28.01.2010
KINDERHAUS 15 Jahre lang war Heinz Beumer Direktor des Kinderhauser Geschwister-Scholl-Gymnasiums. Heute wird der 65-Jährige in den Ruhestand verabschiedet. Nach der zweistündigen Abschiedsfeier, die ihm gestern die Schüler gewidmet hatten, sprach ein sichtlich gerührter Heinz Beumer mit MZ-Redakteur Stephan Oerter über seine Zeit als Schulleiter in Kinderhaus.
Herr Beumer, erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Schultag in Kinderhaus?
Beumer: Ja. Ich bin mit sehr vielen Fragen, Unsicherheiten und Hoffnungen gekommen. Und ich hielt die Schultüte in der Hand, wurde mit den neuen Fünftklässlern begrüßt.
Sie haben sich, wie ich das mitbekommen habe, immer sehr wohl gefühlt an dieser Schule und auch im Stadtteil.
Beumer: Ja. Ich bin in eine Schule und in einen Stadtteil gekommen, wo alles grundlegend auf Begegnung angelegt ist. Grenzen, auch Problemstellungen, werden nicht übersehen, auch meine eigenen nicht, die ich sehr deutlich wahrnehme. Hier ist keine Starre, hier ist ein Weg möglich.
In Ihrer Abschiedsfeier sagte eine Schülerin gerade, das Geschwister-Scholl-Gymnasium sei keine Eliteschule, sondern eine ganz normale Stadtteilschule. Sehen Sie das genau so?
Beumer: Ja. Wir sind keine Eliteschule, wollen auch keine sein. Aber wir haben sehr viele exzellente Schüler hervorgebracht. Wir haben ja viele gute Schulen hier im Stadtteil. Und wir wollten immer auch eine gute Schule sein.
Das ist Ihnen gelungen, oder?
Beumer: Das mögen andere beurteilen. Ich habe mich sehr dafür eingesetzt. Aber, und das ist mir ganz wichtig, wer sich engagiert, nimmt auch seine Grenzen wahr. Es ist so, dass unsere Schule ein wichtiger Teil im Stadtteil ist, und das soll sie auch sein.
Als Sie 1995 vom Hittorf-Gymnasium hierher gekommen sind, hieß die Schule gerade Geschwister-Scholl-Gymnasium. Was bedeutete das für Sie?
Beumer: Wir haben einen stolzen Namen, allerdings auch einen aktiven Namen, einen Namen, der auch Programm geworden ist - nicht jeden Tag, natürlich, aber immer wieder.
Wenn ich sage, Sie haben der Schule ein Profil gegeben, würden Sie mir widersprechen?
Beumer: Entschieden ja. Das bin ja nicht ich alleine, das sind alle: Das ist das Kollegium, das sind die Schüler und die Eltern. Ich habe mich lediglich darum bemüht, Räume zu schaffen, in denen sich die Schüler profilieren können.
Haben sich die Schüler verändert in den letzten 15 Jahren?
Beumer: An einigen Stellen ja, es ist angespannter. Es verschiebt sich was. Schule wird schwierig, wenn der gesellschaftliche Blick auf Zukunft nicht mehr klar ist. Erziehung und Wertevermittlung ohne eine positiv besetzte Zukunft sind schwerer möglich. Das macht mir schon Sorgen. Ich sage meinen Schülern immer: Lasst euch nicht von den Negativismen anstecken.
Fällt Ihnen der Abschied schwer? Sie haben Ihren Beruf ja gelebt.
Beumer: Ich werde auch weiter leben, werde die Schule nicht vergessen. Das ganze ist ja nicht plötzlich fremdes Land. Es wird sich deutlich etwas ändern, natürlich. Aber ich werde auch als Pensionär im Bereich Bildung tätig sein.
Was nehmen Sie mit?
Beumer: Es war eine gute Zeit. Ich sage ganz bewusst gute Zeit, weil das Gute auch das wahrnimmt, was hätte anders laufen können. Und es war eine Zeit, für die ich allen, die in der und für die Schule mitgearbeitet haben, sehr, sehr dankbar bin. Ich kann deshalb auch ganz zuversichtlich gehen. Und zum Schluss bleibt auch Demut, für das, was ich hier geschenkt bekommen habe.
