"Kein trauriges Stück aus vergangener Zeit"
Interview mit Stephanie Daume
KINDERHAUS Ein Stück über das Leben von Kindern im Ghetto möchte das Geschwister-Scholl-Gymnasium mit der Inszenierung "Doch einen Schmetterling hab´ ich hier nicht gesehen" illustrieren. Wir sprachen mit der künstlerischen Leiterin Stephanie Daume über diese Herausforderung.
Kinder im Ghetto - warum diese Thematik?
Stephanie Daume: Es gibt nur wenige Stücke zu diesem Thema. Wir wollen zeigen, wie Kinder im Ghetto überlebt und versucht haben, dennoch Kind zu bleiben.
Hatten Sie Angst, dem sensiblen Thema nicht gerecht werden zu können?
Daume: Sie haben recht - es war schwierig, gerade weil das Stück auf authentischen Quellen basiert. Alle Bereiche, sei es Schauspiel, Bühnenbild oder Musik, haben versucht, sich dem Thema anzunähern."Wir haben uns auf Wesentliches konzentriert"
Wovon haben Sie sich da leiten lassen?
Daume: Wir haben uns auf Wesentliches konzentriert, die gestalterischen Mittel reduziert und versucht durch die Motivwahl die Enge, die Bedrückung darzustellen. Beispielsweise soll der Birkenwald als Teil des Bühnenbilds wie ein Gefängnis wirken.
Dieses Bild mit seinen vielen Elementen wirkt sehr aufwendig, die einzelnen Szenen werden durch Videoprojektionen unterstützt...
Daume: Das Bühnenbild insgesamt bleibt aber starr und ist in schwarz-weiß gehalten. Eigentlich gibt es nur drei Grundelemente - Birken, Zaun und Kanalrohr - die sich wiederholen. Die Bühne verändert sich nicht. Außerdem haben wir nur einen Spielort. Die Projektionen sind surreal und sollen das Spiel unterstützen.
Also besteht nicht die Gefahr, dass von der Kernaussage abgelenkt wird?
Daume: Grundsätzlich vielleicht. Schauspiel und Bühnenbild sind ja eigene Bereiche, die sich auch selbstverständlich präsentieren möchten. Und da lag auch unsere Priorität! "Wir möchten zeigen, dass das Thema immer noch aktuell ist"
Die Intention des Stücks liegt darin, nicht zu belehren, sondern zum Nachdenken anzuregen. Eine Gratwanderung?
Daume: Belehren nicht, nein. Wir möchten vor allem zeigen, dass das Thema immer noch aktuell ist. Es geht darum, wie Kinder in schwierigen Situationen überleben können, um das kindliche Spiel, das "Kind sein" und "Kind bleiben". Wir wollten kein trauriges, dramatisches Stück aus vergangener Zeit. Wir wünschen uns natürlich, dass die Zuschauer sich mit dem Thema auseinander setzen, geben aber nichts vor.
Ihre letzte Inszenierung, das Gauklermärchen, erscheint dagegen im starken Kontrast.
Daume:Das Gauklermärchen war bildgewaltig, geradezu opulent mit vier verschiedenen Bühnen in rot, grün, blau und gelb - eine Phantasiegeschichte mit spannenden Effekten. Die Intention jetzt ist anders. Es gilt Stücke zu finden, die sich mit einer großen Besetzung spielen lassen, also nicht nur zwei Hauptrollen haben. Und in gewisser Hinsicht sind wir ja auch dem Namen unserer Schule verpflichtet.
MZ-online, Dominique Snjka, 19.03.2010
