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„Mehr Zeit zum Lernen“

Mit Wilhelm Breitenbach kehrte das Gymnasium 2011 zu neun Schuljahren zurück

 

Die Abiturientia hat es vorgemacht. Heute ist nun auch der letzte Schultag für Wilhelm Breitenbach. Am 2. Februar 2010 übernahm er die Leitung des Kinderhauser Gymnasiums. Unsere Redakteurin Katrin Jünemann sprach mit dem Schulleiter.

Das Geschwister-Scholl-Gymnasium gibt seinen Schülern als einzige Schule in Münster seit 2011 wieder neun Schuljahre Zeit bis zum Abi. Was bedeutet das für die Schüler?

Wilhelm Breitenbach: Unser Ziel war es von Anfang an, unseren Schülern mehr Zeit zum Lernen zu geben. Für unsere Schüler bedeutet das auf jeden Fall mehr Möglichkeiten der individuellen Förderung, mehr zusätzliche Qualifikationen und vor allem mehr Angebote zur Entwicklung der Persönlichkeit. Das geht nicht im D-Zug-Tempo.

. . . und für die Lehrer?

Breitenbach: Für die Lehrer war die Umstellung auf G9 mit zusätzlichem organisatorischem und konzeptionellem Aufwand verbunden. Die meisten Kollegen haben das aber als Chance begriffen, sich und die Schule insgesamt neu und weiter zu entwickeln.

Wie ist die Resonanz bei Eltern, Schülern und Lehrern?

Breitenbach: Die Initiative für die Umstellung auf G9 neu stieß bei allen Beteiligten von Anfang an auf große Unterstützung. Sie wurde vor allem auch als Chance begriffen, das GSG im Konzert der münsterischen Gymnasien neu zu profilieren. Zwar sind nach der Einführung des gebundenen Ganztags immer noch manche organisatorische Fragen zu lösen, die Unterstützung für G9 ist aber – so mein Eindruck – ungebrochen.

Was wäre die optimale Lösung für die beengte Raumsituation im Schulzentrum?

Breitenbach: Die Aufstockung des D-Traktes. Das Gymnasium hat in den letzten fünf Jahren zahlreiche neue Aufgaben übernommen und übernehmen müssen, die alle mit zusätzlichem Bedarf an Unterrichts-, Beratungs- und Sitzungsräumen verbunden sind: G9, Ganztag, Inklusion . . . Das gilt in ähnlicher Weise auch für die Realschule und für die Grundschule im Schulzentrum. Unser aller Aufgaben wurden immer mehr, die Entwicklung der Rahmenbedingungen hat damit leider nicht Schritt gehalten.

Was schätzen Sie an ihren Schülern?

Breitenbach: Unsere Schülerinnen und Schüler sind engagiert und setzen sich für ihre Mitschüler ein wie die Schüler an anderen münsterischen Schulen auch. Sie sind zusätzlich aber deutlich offener und toleranter, als ich das an anderen Schulen erlebt habe. Die Heterogenität des Stadtteils spiegelt sich in der Heterogenität unserer Schülerschaft wieder – sie bringt zwar auch Schwierigkeiten und zusätzliche Anforderungen an die Lehrer mit sich, sie wirkt sich letztlich aber positiv auf die Atmosphäre des Zusammenlebens und des Arbeitens in der Schule aus. Ein so tolles Projekt wie die Schülerstiftung Courage ist an anderen Schulen nur schwer vorstellbar.

Wie bereitet sich das Gymnasium auf die Integration von Flüchtlingskindern vor?

Breitenbach: Da ist nicht viel an Vorbereitung erforderlich. Wir haben traditionell einen höheren Anteil an Schülern mit Migrationsgeschichte als das an anderen Gymnasien in der Stadt der Fall ist. Wir bieten seit vielen Jahren Sprachkurse zum Deutschlernen für Schüler mit unzureichenden Sprachkenntnissen an, und unsere Schüler, Eltern und Lehrer haben eine größere Offenheit gegenüber den Schülern, die aus den Krisengebieten der Welt kommen, als an vielen anderen Schulen. Es mangelt allerdings häufig an personellen und räumlichen Ressourcen. Das macht es dann trotzdem schwierig, weitere Kinder und Jugendliche zu integrieren.

Werden Sie Kinderhaus, ihre Schüler und Kollegen vermissen?

Breitenbach: Ich habe jetzt gut fünf Jahre am Geschwister-Scholl-Gymnasium gearbeitet. Es war eine sehr intensive Zeit, in der viel passiert ist, mehr als in den meisten anderen Phasen meines Lehrerlebens. Die Diskussionen um die gemeinsame Entwicklung und Umsetzung von Ideen, die Auseinandersetzung um den besten Weg für unsere Schüler – all das hat meine Zeit am GSG geprägt, und das wird mir fehlen.

Wie haben sie die Kooperation im Stadtteil erlebt?

Breitenbach: Es ist eins der großen Pfunde des Stadtteils, dass die meisten Menschen, Initiativen und Organisationen die Kooperation suchen. Daraus sind viele Initiativen und viele Ideen entstanden, die den Menschen im Stadtteil wieder zugute kommen. Die Ingeborg-Mühlig-Stiftung, die ehrenamtliche Initiative „Frühstück zusammen“ oder unsere Schülerstiftung Courage sind Beispiele dafür. Die Kooperation mit der Bezirksverwaltung, mit den Kirchengemeinden oder mit Westfalia Kinderhaus sind weitere Beispiele; und schließlich gibt es – so meine Wahrnehmung – keinen anderen Stadtteil, in dem die Kooperation zwischen den Schulen – speziell natürlich im Schulzentrum selbst – so ausgeprägt ist wie hier.

Was haben Sie für Pläne?

Breitenbach: Ich werde erst einmal Ferien machen, so wie immer im Sommer – allerdings ohne mir Gedanken machen zu müssen wie die Unterrichtsverteilung oder der Stundenplan fürs kommende Schuljahr aussehen soll. Und dann lasse ich mein neues Leben einfach mal auf mich zukommen . . .

Von Katrin Jünemann, WN Münster

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Wilhelm Breitenbach leitete das Geschwister-Scholl-Gymnasium fünf Jahre